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Haller‘s Ausführungen zu Kunst und anderen Künstlern

15. Januar 1948 Fragebogen Dr Löffler    1948 Haller über das Sehen als Form am Beispiel Picasso    21. März 1961 Brief Haller an Ministerialdirektor Sattler    20. Februar 1964 Brief Haller an Hans Kinder    21. Oktober 1966 Brief Haller an Staatssekretär    12. Mai 1972 Anlage zum Wohnerbschaftsvertrag mit Graf Dr Karl Schönborn    27. Dezember 1973 Brief Haller an Hans Kinder    1980 Haller zur Metaphysischen Dimension der Kunst    19. Dezember 1981 Haller Brief an Liah    21. Dezember 1981 Haller Brief an Liah    1. Januar 1982, Haller in einem Brief an Liah über Ontoeidetik    1982 Haller über sich    1982 Haller zu Aussagen von E.L.Kirchner und Prof Dr Will Grohmann    19. November 1982 Haller zu Renoir und Picasso    1982 Haller über Metaphysik    6. Dezember 1982 Haller über das Wassermann-Zeitalter   

27. Dezember 1973 Brief Haller an Hans Kinder

27. Dezember 1973 Brief Haller an Hans Kinder 1
27. Dezember 1973 Brief Haller an Hans Kinder 2
27. Dezember 1973 Brief Haller an Hans Kinder 3
27. Dezember 1973 Brief Haller an Hans Kinder 4

                                                                                                                Pommersfelden 27 XII 73

Lieber Hans,
Danke für den reizenden Brief! Wir erwidern Euere Wünsche genauso herzlich, wie sie von Euch gemeint sind.
Der Bleistiftbrief: ich habe eine schmerzhafte Arthrose im Becken seit einigen Monaten beschert bekommen und schreibe daher warm eingepackt auf dem Diwan.
Arthrose beruht auf einer Abnutzung des Knotengewebes – wahrscheinlich kommt sie daher, weil ich nur im Stehen malen kann.
Ausserdem aber waren meine Studenten im Sommer da u. wahrscheinlich bin ich zuviel zusätzlich hin und her gerannt.
Unser Zusammentreffen war durch einen komischen Zufall zugegebenermassen reichlich verkorkert und Du hast so auch nicht richtig mitgekriegt, was ich Dir über mich sagte.
Auch ich bin „Gastarbeiter im feindlichen Ausland“. Ich bin Ordinarius für Metaphysik – nicht an einer Akademie sondern an einer Universität. Meine 21 Vorlesungen hielt ich in diesem Jahre hier – im kommenden Jahr werde ich sie drüben (in den USA) halten und zwar mutmasslich an drei Universitäten.
Ich bin also das ganze Jahr über reichlich beschäftigt. Einzelheiten weiss ich noch nicht. Möglicherweise werde ich mehrmals hin – und her fliegen müssen. Vielleicht mache ich auch nach drüben.
Das Grundthema ist, wie ich Dir sagte: „the forgotten nature of metaphysical seeing and the problem of early phlenomenologie. The secrets do arise with prelogical societies“.
Apropos Heisenberg: seine beiden Bände stehen schon seit langem bei mir im Schrank. Der eine „Schritte über Grenzen“ und der „Das Teil und das Ganze“.
Dies also als Antwort auf Deine Forderung nach Theorie und Praxis – aber auch gleich Antwort darauf, daß es mir völlig unmöglich ist, zu Dir zur Eröffnung Deiner Ausstellung zu kommen. Ich wünsche Dir viel Erfolg! Schicke mir einen Katalog.
Es tut mir auch leid, Dich bitten zu müssen auf einen Besuch, zumindest in diesem Jahr, zu verzichten. Liane macht sich ebenfalls auf die Socken, sie ist auch nicht da.
2. Seit der Antike gibt es eine Faustregel über die Einteilung des Lebensalters. Sie ist doppelt zu sehen: materiell – biologisch und immateriell – charakteriologisch. Mit 1-10 Jahren ist man infans – Kind, mit 10 – 20 ist man (????) – Knabe, mit 20 – 30 ist man (XXX) – Jüngling, mit 30 ist man Mann – (xxx) und mit 40 hat man seinen Höhepunkt, seine akni“e‘ erreicht; von 60 ab ist man genex - Greis.
Die Zeitverschiebungen sind nur ganz gering fügig – um Monate allenfalls.
Für den Maler trifft diese Regel spiritualiter haargenau zu: gerade bei ihm ist das gut zu sehen – Begabung vorausgesetzt also.
Von 1-20 wird man schulisch vorwiegend rational belehrt (leider!), von 20 – 30 entwickelt man sich spirituell höher hinauf selbst (wenn man kann), mit 30 ist man fertig, ab 40 beginnt man seinen abgesteckten Garten zu bestellen ( ??? von Jardin Voltaire).
Du, Hans, warst 1930 30 Jahre alt und damit „fertig“, warst „Mann“, ich war erst 1934 „fertig“. Die Jahre von 1931 -34 habe ich – „vor Torschluss“ genutzt, ganz allein meine „Visual metaphysik“ aufzu (???).
Das war möglich, weil ich von 10 – 20 so erzogen, so gedrillt worden war.
Meine Metaphysik entstammt dem Mittelmeer – also dort, wo Picasso und Aristoteles zu Hause waren. Ich bin nicht im Geringsten von Picasso „beeinflusst“. 1933 – 45 ging das ja auch gar nicht. Aber gerade deshalb habe ich schon so gemalt.
Die goldene Malerregel lautet: Baue nie auf einen grossen Zeitgenossen auf – man fällt sonst auf den Arsch oder auf die Nase!
Herzlichst Ludwig