Haller‘s Ausführungen zu Kunst und anderen Künstlern
21. Dezember 1981 Haller Brief an Liah
Haller über eine Episode mit Geheimrat Prof Heinrich Zimmermann (Direktor Kaiser Friedrich Museum, Berlin)
Besagter Geheimrat Zimmermann lebte seit seiner Emeritierung am Starnberger See. Dessen Frau hatte eines Tages im Gebiet Kitzingen einen schweren Autounfall.
Sie brauchte einen Anwalt. Der Chefchirurg des Kitzinger Krankenhauses, in dem sie lag, verschaffte ihr den Anwalt Amrhein, der ein guter Bekannter und
begeisterter Befürworter meiner Arbeiten war. Der hatte den Einfall, zu mir zu kommen und sich eine Anzahl Tuschzeichnungen (Kentaurinnen) abzuholen, um
sie dann dem seine Frau besuchenden Zimmermann zu zeigen. Der war begeistert und kam mit Amrhein zu unserem Hochzeitstag ins Atelier Kitzingen. Er entpuppte
sich als absoluter Kunstfachmann. Er sah sich alles an. Zu mir: „Ich habe gleich gesehen, Sie können so gut zeichnen wie Picasso – und Zeichnen ist Ihr
Ein-und Alles“. Zu Liane: „Ich gratuliere Ihnen am heutigen Tag besonders: Ihr Gatte ist mit Abstand der größte lebende deutsche Maler. Was mir an
seinen Arbeiten besonders auffällt – in ganz natürlicher Weise kommt bei ihm all das vor, was seit Altamira und Las Caux bis hin zur École de Paris
unserer Tage von Menschenhand geschaffen wurde – und auch nur jemals geschaffen werden kann. Er steht ganz ausserhalb unserer Ur-Zeit, in welcher nur
die Irrtümer und Fehlleistungen hoch im Kurs stehen, ähnlich der Philatelistenmentalität – die Fehldrucke der Briefmarken werden hoch dotiert.“
„Schade, dass ich nicht noch in Berlin bin“.