Haller hat ein umfassendes Werk von ca. 2000 Gemälden und Zeichnungen geschaffen.
Aus der Dresdener Zeit sind eigentlich nur noch die Werke vorhanden, welche die Künstlerin Erika Streit 1943 mit in die Schweiz nahm. Andere
Werke sind bei der Bombardierung Dresdens verbrannt oder anderweitig verschollen.
Haller's Werke galten im Dritten Reich als "Entartete Kunst". Wie bekannt, wurden damals tausende von modernen Kunstwerken beschlagnamt, verkauft, zerstört
oder im seltensten Fall zurück gegeben. In dem
Verzeichnis des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda erscheint der Künstlername
"Haller" nur einmal, und zwar in Bezug auf eine Plastik mit dem Titel "Kniendes Mädchen", die aus der Nationalgalerie Berlin entfernt worden war,
jedoch später zurück gegeben wurde. Bei diesem "Haller" jedoch handelt es sich um den Schweizer Herrmann Haller (1880-1950).
Nur gelegentlich tauchen Ludwig Haller's frühe Werke in Galerien zum Verkauf auf.
Haller war besessen vom Malen. Selbst in den letzten Kriegsmonaten in Ludwag bei Bamberg, nach seiner Flucht aus Dresden, fertigte er Dutzende von Zeichnungen
an.
Der Rest des umfassenden Werkes entstand vor allem in Kitzingen und im Schloss Weissenstein zu Pommersfelden.
Dabei hat er eigentlich nie gemalt oder gezeichnet, um seine Bilder irgendwann zu verkaufen, sondern, wie er selbst ausdrückt
(siehe Anlage zum Erbvertrag mit dem Grafen Schönborn, 12. Mai 1972), als Beispiele und Demonstration
seiner Kunstphilosophie.
Damit erklärt sich, dass er immer wieder die gleichen Objekte malte, - zumeist Themen aus der griechischen Mythologie, wie Kentaur, Daphne, Aphrodite
etc.
Und es erklärt sich auch, dass er nie nach kommerziellen Kriterien malte. Die Abmessungen seiner Werke entsprachen nicht internationalen Standards und er
malte stets bis zum äussersten Rand des Materials. Erika Streit monierte diese Dinge, als sie für Haller in Zürich eine Ausstellung organisierte und
erhebliche Zeit aufwenden musste, für jedes Bild einen eigenen Rahmen herzustellen, ohne jedoch Platz auf dem Bild für den Rahmen zu haben.
(Siehe Erika Streit’s Schreiben vom 7. Februar 1951)
Die hier gezeigten fotografischen Abbildungen der einzelnen Gemälde und Zeichnungen sind Scans von Dias und gedruckten Fotos aus verschiedenen Quellen.
Die ursprünglichen Aufnahmen sind keineswegs professionell gemacht und zeigen entsprechende Mängel.
Zudem waren einzelne Dias zum Zeitpunkt des digitalen Scannens bereits unwiderruflich verschmutzt und farblich verändert. Manche Scans wurden deshalb
aufgrund der Angaben im Archiv farblich nachgearbeitet. Der größte Teil jedoch ist im Original der Scans wiedergegeben.
Dennoch spiegeln die Aufnahmen mit ziemlicher Korrektheit Haller’s Stil und Maltechnik wieder.
Beim Betrachten ist zu bedenken, dass Haller seit seinem 17. Lebensjahr nur noch mit einem Auge malte. Seine Werke erscheinen plastischer, wenn sie
gleichfalls nur mit einem Auge betrachtet werden.
Haller‘s Spezialität war das „alla prima“ Malen, also das Malen ohne Korrekturen. Jeder Strich musste beim ersten Mal (alla prima) bereits genau sitzen.
Die Primamalerei ist die Maltechnik der Meister. Man malt das Bild zügig, spontan und gekonnt. In der Primamalerei muss der Maler in der Lage sein,
alle Bildelemente im gleichen Augenblick zu bedenken und zu malen: Position, Größe, Form, Modellierung, Licht und Schatten.